Wenn Wände sprechen könnten, wären es die Mauern dieses Gebäudes, die Ihnen das meiste über Emden zu erzählen hätten. Rund 460 Jahre Stadtgeschichte hat das Hausmiterlebt - mehr als jedes andere. Es könnte über den Bau der Neuen Kirche berichten, die seit 1648 sein Nachbar ist. Über den Bombenangriff am 6. September1944, nach dem fast 80 Prozent der Stadt in Trümmern lag. Oder über die Sanierung des Roten Siel Tiefs, das ihm zu Füßen fließt. Dabei wurden von 2011 bis 2013 unter anderem die Uferpromenade und die Klappbrücke nach historischen Vorbilderneuert.
Außerdem hat man den Innenhof zwischen dem Gödenser Haus und dem Kulturhaus Faldern zur Wasserseite hin geöffnet. Dort gibt es jetzt ein Stigt. Diese Ufertreppe ist ein idealer Platz, um kurz auszuruhen. Sie sollten es ausprobieren. Wir erzählen Ihnen inzwischen weiter vom Gödenser Haus und seiner Vergangenheit. Die führt zunächst in das Jahr 1551. Es ist das Jahr, in dem die Witwe des Häuptlings von Oldersum und Gödens das Gebäude als Stadthaus für die Familie errichten lässt.
Lange Zeit bleibt es in deren Besitz. 1619 bekommt das große Haus auf der Hofseite ein Portal mit Freitreppe und Wappen. Es gehört zu einem Adelsgeschlecht aus Westfalen, was sich durch eine Heirat erklären lässt.
In der Mitte des 17. Jahrhundert beginnt dann für das Gödenser Haus eine wechselvolle Zeit. Es sieht Menschen kommen und gehen. In ihm wird gelitten, gerichtet, gearbeitet, gelebt. Von 1684 bis 1717 soll hier das brandenburgische Marinebataillon untergebracht gewesen sein. Im Jahr 1778 verwandelt sich das Wohnhaus in das Zuchthaus der Stadt Emden, bis schließlich 1850 das Amtsgerichteinzieht. Verhandelt wird hier bis 1912, dann kauft die Stadt das Haus. Es wird Eichamt, vorübergehend Eisenbahnverkehrsamt, schließlich richtet man dort Privatwohnungen ein.
Von der Schönheit des Hauses ist nichts mehr zu sehen. Sie versteckt sich hinter Putz. Dass die historische Fassade wiederentdeckt wird, ist einem Zufall zu verdanken. Als das Studentenwerk Oldenburg das Gödenser Haus von der Stadtkauft, um dort Studenten unterzubringen, wird auch an der Oberfläche gekratzt. Dabei kommt der alte Backstein zum Vorschein. In der 1990er Jahren entschließt man sich, das Gebäude zu sanieren. Seit dieser Zeit ist das älteste erhaltene Haus in Emden ein Wohnheim für junge Studenten.