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Es ist eine dieser Nächte, in denen in Emden die Sirenen schrill durch die Dunkelheit schreien. Fliegeralarm. Wieder werden Bomben fallen. Die Emder – es sind vor allem Frauen, Kinder und Alte - verlassen ihre Wohnungen, um Schutz in den Bunkern zu suchen. Auch hier zur Holzsägerstraße werden sie kommen, sich in den sechs bis neun Quadratmeter großen Räumen in die Etagenbetten legen oder auf eine der Bänke setzen und warten. Selbst wenn dieser Bunker, vor dem Sie stehen, damals zu den luxuriösen zählt: Es ist eng und bedrückend. Die Welt ist ausgeschlossen. Es gibt keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Nur Ungewissheit – keiner hier drinnen weiß, was draußen passiert. Und es herrscht Angst. Wenn in der Nähe Bomben einschlagen, wackeln selbst in den grauen Schutzburgen die Wände. Daran erinnern sich Zeitzeugen noch immer.

Im Zweiten Weltkrieg gab es verhältnismäßig in kaum einer anderen Stadt so viele Luftschutzbunker wie in Emden. Es zählte zu den Hauptzielen der alliierten Luftangriffe. Seit November 1940 ließen die Nazis deshalb allein 35 große Bunker errichten. Dazu kamen über 100 kleine. Zwar gehörte Emden am Ende des Krieges zu den am meisten zerstörten Städten in Europa. Bei Bombenangriffen kamen aber mit 415 Menschen vergleichsweise wenige ums Leben. Hamburg beispielsweise beklagte nach einem Bombardement an einem einzigen Kriegstag 5000 Tote. Die Bunker in Emden haben ihren Sinn erfüllt: Sie retteten unzähligen Menschen das Leben. Vielen von denen, die gezwungen worden waren, beim Bau zu helfen, schützten die Bunker allerdings nicht. Fremdarbeitern, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen war der Zutritt verboten.

Von den 35 großen Bunkern in Emden sind 31 erhalten geblieben. Sie werden für unterschiedliche Zwecke genutzt: Als Probenraum für Bands zum Beispiel oder – wie der im Stadtteil Barenburg – als Kultur- und Mehrgenerationenhaus oder, wie dieser, als Museum. Seit 1995 klärt hier der Arbeitskreis Bunkermuseum in vielen Kapiteln anschaulich über die Folgen von Krieg und Naziherrschaft auf und erzählt vom Wiederaufbau der Stadt. Es geht unter anderem um Terror, Verfolgung, Zwangs- und Fremdarbeit, um Deportation und um das Leben im Bunker. Der Arbeitskreis, ein Verein, nennt sein Museum eine „Denkstätte und einen Ort des Dialogs“. Hier soll die Begegnung zwischen Besuchern jeden Alters, verschiedener Herkunft und unterschiedlicher Anschauung möglich werden.

Bis heute geben die Räume zwischen den dicken grauen Mauern zumindest ein Gefühl davon, wie es gewesen sein muss, als Bomben auf Emden fielen. Geschichte wird nachfühlbar. Mehr als 300 Menschen fanden damals immer wieder Schutz in diesem sechsgeschossigen Bunker mit Krankenstation, Belüftungsanlage und Notstromaggregat im Keller, Drei- bis Neunbettzimmern mit kleinen Küchen, Toiletten und Waschräumen in jedem Halbgeschoss. Die Außenwände und die Decken sind mehr als einen Meter dick, fast 3000 Kubikmeter Eisenbeton wurden damals verbaut. Im Frühjahr 1942 war der Bunker fertig.

Nach dem Krieg stand er lange leer, kam dann in Besitz der Bundesvermögensverwaltung, gedacht zum Zivilschutz. Anfang 1994 schließlich gründete sich ein Arbeitskreis, der im Bunker ein Museum einrichten wollte. Das Ziel war ehrgeizig und ungewöhnlich. Museen in Luftschutzbunkern hatte es bis dahin in Deutschland noch nicht gegeben. Die Gruppe Emder verwirklichte ihre Idee. Zum 50. Jahrestag der Zerstörung der Stadt, am 6. September 1994, zeigte der Arbeitskreis in diesen stummen Zeugen des Krieges die erste Ausstellung. Sie war sehr erfolgreich. Das machte Mut und fand Anerkennung. Das Bundesvermögensamt übertrug dem Verein das Gebäude. Mit Unterstützung von Institutionen, Schulen und Privatleuten wurde eine Dauerausstellung konzipiert. Die Eröffnung des Bunkermuseums erfolgte am 6. Mai 1995 –
50 Jahre nach Kriegsende. Mit dabei waren Kanadier, die als Piloten die Stadt bombardiert hatten.

Bis heute ist das Museum mehrere Male modernisiert und umgestaltet worden. Die Außenfassade stammt vom Hamburger Künstler Uwe Ochsler. Die goldenen Worte „Innen Welten Außen Welten“ auf schwarz-weißem Grund stehen für die starke Trennung von innen und außen in einem Bunker. Jeder nehme seine eigene Welt mit in den Bunker hinein, um sie vor einer äußeren Bedrohung zu schützen, hat Ochsler mal erklärt. Die zerstörten Fenster symbolisieren die fehlende Transparenz zwischen dem ausblicklosen Bunker und seiner Umgebung.

 

Kontakt:

Bunkermuseum Emden
Holzsägerstraße 6, 26721 Emden
T: 0049 4921 3225
I: http://www.bunkermuseum.de/