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Beginnen wir mit einer Wette: Sie fragen Emder nach dem Namen dieses Gebäudes, wir garantieren Ihnen zwei Antworten. Die einen werden sagen: Dies ist die Johannes-a-Lasco-Bibliothek. Die anderen sprechen noch immer von der Großen Kirche - auch wenn es keine Kirche mehr ist. Bei einem Bombenangriff am11. Dezember 1943 wurde die Mutterkirche der reformierten Gemeinden in Norddeutschland und den Niederlanden zerstört. Aus ihren Ruinen entstand 50 Jahre später eine der bedeutendsten Bibliotheken für die Geschichte und Theologie desreformierten Protestantismus.

Bedeutend war dieser Ort schon immer. Fast könnte man sagen, dass an dieser Stelle die Geschichte der Stadt begann. Im neunten Jahrhundert war Emden noch nicht Emden, sondern eine Warft an der Ems. Die ersten Kaufleute und Handwerkersiedelten an. Hier auf diesem Gelände bestatteten sie ihre Toten. Vermutlich gab es da schon eine kleine Holzkirche, nachgewiesen werden kann sie für die Mitte des10. Jahrhunderts. Im 12. Jahrhundert wurde die Holzkirche durch ein Backsteingebäude ersetzt, das man im 13. Jahrhundert zu einer Kreuzkirche und bis zum 15. Jahrhundert nach und nach zu einer dreischiffigen Hallenkirche ausbaute. Das spätgotische Mauerwerk, das bis heute überlebt hat, entstand zwischen 1455 und1509.

Vor der Reformation war die Kirche den Heiligen Cosmas und Damian geweiht. Weil mit der neuen Lehre nicht vereinbar, befahl Gräfin Anna Mitte des16. Jahrhunderts alles Katholische aus der Kirche zu entfernen. Außerdem ließ sie darin die Herrengruft anlegen. Das prächtige Grabmal ihres Gatten Graf Enno II. hat die Jahrhunderte überstanden. Sie werden es in der Bibliothek entdecken. Die Umwandlung zur reformierten Kirche vollzog sich zwischen 1560 und 1570. In ihr fanden tausende Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden religiöse Zuflucht. Sie wurde zur Moederkerk (Mutterkirche) der reformierten norddeutschen und niederländischen Gemeinden. An diese Zeit erinnert das Relief an der Ostseite der Bibliothek, das „Scheepken Christi“. Es trägt in niederländisch die Inschrift „Gottes Kirche, verfolgt, vertrieben, hat Gott hier Trost gegeben“. Eine wichtige Rolle spielte die Große Kirche auch bei der Emder Revolution am18. März 1595. Dort kamen an dem Tag viele Bürger zusammen, die mit den rücksichtslosen Steuererhöhungen und Gesetzen des Grafen Edzard II. unzufrieden waren. Der calvinistische Prediger Menso Alting heizte der Menge ein ,Kirchenältester Gerhard Bolardus rief zum Umsturz auf. Die Emder vertrieben den Grafen, befreiten sich von der Herrschaft der Cirksena, Emden wurde eine freie Stadt.

Die für die Geschichte Ostfrieslands und der Religion bedeutende Große Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerbombt. 1992 bildete ihre Ruine die Grundlage für den Bau einer der wichtigsten deutschen Spezialbibliotheken, benannt nach dem ostfriesischen Reformator Johannes a Lasco. Der Umbau dauerte drei Jahre, er kostete mehrere Millionen Euro. Zu den Geldgebern gehörten das Land und die Stadt Emden. Die Bibliothek wurde Ende 1995 fertig. Sie beherbergt unter anderem die seit 1559 bestehende Büchersammlung der reformierten Gemeinde Emden. Die historischen Räume werden auch für kulturelle, gesellschaftliche und wissenschaftliche Veranstaltungen genutzt. Schon 1949 entstand hinter der Ruine der Großen Kirche mit Spenden aus der Schweiz eine neue Kirche, die Schweizer Kirche.

 

Kontakt:

Johannes a Lasco Bibliothek
Kirchstraße 22, 26721 Emden
T: 0049 4921 91500
I: http://www.jalb.de/8769-267-0-48.html